Weltenphilologie. Bildbruch – Beobachtungen an Metaphern 1
Sina Dell'Anno, Simon Godart (Eds.) – 2020
Weltenphilologie dient diesem Heft als Stichwort für die Öffnung eines denkbar weiten Frageraumes zwischen Philologie und Philosophie; eines Frageraumes, der gleichsam von vornherein im Zeichen der Katachrese stand. So etwa fehlt 'Welt' im Lexikon ästhetischer und literaturwissenschaftlicher Grundbegriffe, und dies lässt sich als manifester Ausdruck eines epistemologischen Mangels lesen: Darin begegnet einem gleichsam die sichtbare Leerstelle, die die kantische Erkenntniskritik in den Enzyklopädien der Moderne hinterlassen hat, indem sie das Ganze der Welt ins unerreichbare Außerhalb der menschlichen Erkenntnisfähigkeit rückte. Dass nicht erst seit Kants Antinomien der reinen Vernunft in diese begriffliche Leerstelle die Metapher tritt, hat Hans Blumenberg zum Fundament seiner Metaphorologie gemacht. Um den Ausgangspunkt dieser Metaphorologie bei der Frage "Was ist die Welt?" kreisen zahlreiche der in diesem Band versammelten Texte. Weltenphilologie stellt mithin die Verschränkung zweier metaphorisch noch unbestimmter Räume dar. Die Beiträge nehmen sich je in eigener Akzentuierung der Frage als Ungleichung mit zwei Unbekannten an und führten in vielfachen Perspektiven vor Augen, wie die Fluchtlinien und Bruchkanten der beiden Leitbegriffe verlaufen könnten. Überschneidungen finden die individuellen Erkundungsgänge etwa in Reflexionen des metaphorologischen Projekts Blumenbergs, Erich Auerbachs Überlegungen zur Philologie der Weltliteratur und Werner Hamachers Thesen zur Philologie. Zu den geteilten Einsichten gehört auch, dass die Frage nach der 'Welt' der Philologie von der Frage nach der 'Welt' der Literatur nicht zu trennen ist.
How to cite:
Sina Dell'Anno and Simon Godart, eds. Weltenphilologie. Bildbruch – Beobachtungen an Metaphern 1 (2020). http://dx.doi.org/10.17169/refubium-30054.