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A Dialogue from Time to Time

Audio-Reihe

Übersetzen im Gespräch | Translation talks

Schon die Begründung der modernen Übersetzungstheorie durch Friedrich Schleiermacher geht von der Beobachtung aus, dass bereits in alltäglichen Sprechsituationen eine Kunst des Verstehens gefordert und am Werk ist, im einfachsten Gespräch, "auf dem Markt und in den Straßen …, auch in manchen Gesellschaftskreisen, wo ... die Rede regelmäßig wie ein Ball abgefangen und wiedergegeben wird" (Schleiermacher: 1977, 247). Wo die Worte nicht mehr derart leicht hin und her fliegen, setzt auch das Übersetzen ein: zuhause.

Entsprechend bietet die Feature-Reihe des Projekts A Dialogue from Time to Time/Dialog von Zeit zu Zeit am EXC "Temporal Communities" Raum und Zeit für klassische Werkstattgespräche zwischen Autor:innen und Übersetzer:innen. In ihren in loser Folge erscheinenden Beiträgen lädt sie zu Reflexionen über das Sprechen und Schreiben in mehreren Sprachen ein. Dabei kann die ganze Bandbreite des Formats ausgemessen und erprobt werden: Im Selbstgespräch, im Dialog oder auch im Interview sollen gleichermaßen die Mehrsprachigkeit literarischen Schreibens, die Bewegungen zwischen den Sprachen und Praktiken der Hybridisierung erfahrbar werden.

Jede Audio-Einheit misst etwa 20 bis 30 Minuten, an ihrem Beginn steht immer die mehrsprachige Lesung, dann folgen Kommentare und (Selbst-)Reflexionen. Die vorgetragenen literarischen Texte sollen dabei auch visualisiert werden, um die oft untrennbare Einheit von Schriftgebilde und Laut wahrnehmbar zu machen. Für Anfragen bezüglich eines Transkripts der gesprochenen Kommentartexte kann auf Wunsch der Kontakt zu den Sprecher:innen vermittelt werden (Ansprechpartnerin hierfür: Felicitas Pfuhl, felicitas.pfuhl@fu-berlin.de).

Cornelia Ortlieb

Folge XIII – "Aufnahmen, die für eine ganze Epoche stehen". Laute Literatur und historische Klangwelten der 1980er Jahre

Mit einer kleinen Zeitreise in die 1980er Jahre findet die Audioreihe Translation Talks nun ihren Abschluss. Diese Folge ist eine Feier im doppelten Sinn: Sie nimmt uns mit zurück in den Juni 2023, zum Festival Assemblage, mit dem das Literarische Colloquium Berlin sein 60-jähriges Bestehen feierte, und nicht zuletzt mit zurück ins Jahr 1987 und in die Musikszene des geteilten Berlins. Unter dem Titel "Historische Klangwelten in akustischen Medien" sprechen Cornelia Ortlieb und Katharina Mevissen als Teil der Festivalsektion "Laute Literatur" in dem hier zu hörenden Mitschnitt mit Jakob Ilja, dem Gitarristen und Mitbegründer der Band Element of Crime, der für seine Film-, Theater- und Fernseh-Klangkompositionen vielfach ausgezeichnet wurde. Ausgehend von der Frage, ob 1987 ein besonders lautes Jahr war, spannen sie gemeinsam den Bogen vom Post-Punk der 80er Jahre und seiner Rolle in einer politisch aufgeladenen Stimmung in Berlin, über die Frage der medialen Repräsentanz von "lauten Ereignissen" – bis in die Jetztzeit zu Jakob Iljas preisgekröntem Podcast-Projekt Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen? Dieser wirft besondere Fragen der journalistischen und klanglichen Gestaltung auf: Wie lässt sich mit dem Audiomaterial einer Person umgehen, die Verschwörungserzählungen verbreitet? Es wird also aus dem Nähkästchen der Produktion geplaudert, der Weg zu klanglichen Bildern beschrieben und die Rolle der Stimme beleuchtet, sowie nach einem emanzipativen Umgang mit historischen Aufnahmen im Allgemeinen gefragt.

Die Translation Talks gehen damit nach zwei Jahren feierlich zu Ende, doch zum Weiterhören und -stöbern sei ganz besonders auf die in dieser Folge genannten Podcast-, Ausstellungs- und Literaturprojekte verwiesen – und so bleibt Übersetzen auch weiterhin im Gespräch.

Übersetzen im Gespräch | Folge XIII


Bildrechte: Tobias Bohm

Jakob Ilja, geb. 1956, ist vor allem bekannt als Mitbegründer und Gitarrist der Band Element of Crime. Darüber hinaus ist er Produzent, Musikberater und Komponist für Film, Fernsehen und Theater. Für den 2021 erschienenen Podcast Cui Bono: WTF happened to Ken Jebsen?, der u.a. mit dem Grimme-Online Award und dem deutschen Reporter:innen Preis ausgezeichnet wurde, komponierte er die Musik und erschuf eine ganz eigene Klangwelt. Wenn Jakob Ilja nicht gerade mit den Elements auf Tour ist, lebt, arbeitet, komponiert und musiziert er in Berlin.


Bildrechte: Maïsha Souaga

Katharina Mevissen, geb. 1991, studierte Kulturwissenschaften und Transnationale Literaturwissenschaften an der Universität Bremen und arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Projekt Dialog von Zeit zu Zeit des Exzellenzclusters Temporal Communities. In diesem Rahmen promoviert sie zu Literarischer Mündlichkeit und Archiven gesprochener Literatur. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit ist sie auch literarisch schreibend tätig, ihre beiden Romane Ich kann dich hören (2019) und Mutters Stimmbruch (2023) sind beide beim Wagenbach Verlag erschienen.

Cornelia Ortlieb, geb. 1967, ist Professorin für Neure Deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin und Leiterin des Projekts Dialog von Zeit zu Zeit des Exzellenzclusters Temporal Communities. Neben Mehrsprachigkeit und Übersetzen gehören zu ihren Forschungsschwerpunkten u.a. Theorien des Materials und der Materialitäten in den Künsten, avantgardistische Schreibarten und Publikationspraktiken sowie Literatur und Popmusik. Zuletzt erschienen die von ihr mitübersetzten und -herausgegebenen Vers de circonstance – Verse unter Umständen (2023) im Sandstein Verlag.

Cui bono: WTF happened to Ken Jebsen? Podcast mit Musik und Klanggestaltung von Jakob Ilja
https://www.radioeins.de/archiv/podcast/cui_bono/

Element of Crime
https://www.element-of-crime.de/home

Jakob Ilja Website
http://www.jakobilja.de/

Laute Plakate: Übersetzungswerkstatt und akustische Ausstellung – zur Sichtbarmachung gesprochener Literatur, kuratiert von Katharina Mevissen
https://www.temporal-communities.de/explore/listen-read-watch/laute-plakate/index.html

Mutters Stimmbruch, Roman von Katharina Mevissen
https://www.wagenbach.de/buecher/titel/1359-mutters-stimmbruch.html

Dichterlesen.net  Literatur zum Nachhören, Internetportal und Ton-Archiv des LCB mit Audio-Aufnahmen literarischer Veranstaltungen
https://www.dichterlesen.net/

Festival Assemblage, Festival zum 60-jährigen Bestehen des LCB
https://lcb.de/assemblage/

Folge XII – Grauzonen zwischen Schreiben und Übersetzen. Ein Gespräch von Lara Tarbuk und Barbi Marković über den Roman "Die verschissene Zeit"

Für die 12. Folge der Translation Talks spricht Lara Tarbuk mit Barbi Marković über ihren neuen Roman Die verschissene Zeit, welcher drei Jugendliche auf ihrem Weg im Belgrad der 1990er Jahre begleitet. Auf Deutsch verfasst, aber immer wieder mit serbischen Worten durchzogen, stellt der Roman ein „Erinnerungsprojekt einer schrägen Vergangenheit“ dar, in der die deutsche Sprache nicht nur bestimmte Dimensionen des Serbischen sichtbar und poetisch fruchtbar macht, sondern auch als Filter für Dinge, „die zu lokal sind, um in einer anderen Sprache erzählt zu werden“, fungiert. Wie aus diesem Zusammenspiel der Sprachen ein „Schimpfwörterbarock“ und eine ganz eigene Stilistik des Fluchens entstanden ist, darüber sprechen die Beiden genauso, wie über eine gendergerechte Sprache im Serbischen und was es heißt, den eigenen Roman, welcher an sich schon ein mehrsprachiger Text ist, selbst zu übersetzen.

Übersetzen im Gespräch | Folge XII


Bildrechte: Apollonia Theresa Bitzan

Barbi Marković, geboren 1980 in Belgrad, studierte Germanistik in Belgrad und Wien. Nachdem sie in Belgrad als Lektorin für den Rende-Verlag tätig war, erhielt sie mit ihrem Thomas Bernhard-Remix-Roman Izlaženje (2006), der zunächst auf Serbisch und dann auf Deutsch (Ausgehen, 2009) erschien, breite öffentliche Aufmerksamkeit. 2011/12 war sie Stadtschreiberin in Graz, worauf die Veröffentlichung von Graz Alexanderplatz folgte. 2016 erschien ihr serbisch-deutscher Roman Superheldinnen, für den sie u.a. mit dem Förderpreis des Adalbert von Chamisso Preises ausgezeichnet wurde. Die verschissene Zeit ist ihr neuester Roman, der 2021 beim Residenzverlag auf Deutsch erschien und an dessen Übersetzung ins Serbische Barbi Marković derzeit arbeitet.

Lara Tarbuk studierte Germanistik, Slavistik, Philosophie und Kunstgeschichte in Freiburg und Belgrad sowie deutschsprachige Literatur in Berlin und Sankt Petersburg. Derzeit ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie und promoviert zur Performativität des Dramas bei Bertolt Brecht und Ödön von Horváth.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge XI – Erinnern und Vergessen. Ein Gespräch von Maria Weissenböck und Alexander Kratochvil zu Sofija Andruchowytschs ukrainischem Roman Amadoka

In der elften Folge der Translation Talks sprechen Maria Weissenböck und Alexander Kratochvil über ihre gemeinsame Arbeit an der Übersetzung des Romans Amadoka der ukrainischen Schriftstellerin Sofija Andruchowytsch. Um die zentralen Themen Erinnern und Vergessen kreisend, umfasst der Roman ca. 100 Jahre ukrainischer Geschichte, wobei verschiedene Zeitebenen von den 1920er Jahren der Sowjetukraine über die Zeit des zweiten Weltkriegs bis hin zur russischen Annexion der Krim im Jahr 2014 miteinander verknüpft werden. Innerhalb dieses erzählerischen Experiments wird dabei immer wieder die Frage aufgeworfen, welche – kollektiven und individuellen – Erinnerungen überhaupt zugelassen werden. Daran anschließend hinterfragt die Folge kritisch, wie der Krieg, der seit der Krimannexion im Osten der Ukraine herrscht, von der europäischen Staatengemeinschaft schon vergessen wurde, bevor er überhaupt vorbei ist. Und erst die schrecklichen Ereignisse, die sich derzeit im Zuge des russischen Angriffskriegs im ganzen Land abspielen, scheinen diese Erinnerungen wieder wachzurufen. Dass die Vergangenheit stets latent in der Gegenwart anwesend ist, ist also nicht nur Thema des Romans, sondern auch etwas, was sich an den momentanen realen Geschehnissen ablesen lässt. Und so scheinen die vom Roman aufgeworfenen Fragen rund um den Umgang mit historischen Ereignissen, totalitären Regimes und ihren Kriegshandlungen, dem Brechen von Menschen, Erinnerungen, Psychen und Kulturen, mehr denn je Fragen unserer Zeit zu sein.

Übersetzen im Gespräch | Folge XI

Alexander Kratochvil, geboren in München, studierte Ethnologie, Slawistik, Germanistik und Osteuropageschichte in München, Freiburg, Brno und Lwiw. Auf seine Promotion zur ukrainischen Literatur der 1920er Jahre folgten Lehr- und Forschungstätigkeiten an den Universitäten Greifswald, Harvard und Konstanz. Seit 2012 ist er Purkyně-Fellow an der Akademie der Wissenschaften der Tschechischen Republik in Prag. 2019 erschien seine Monographie Posttraumatisches Erzählen beim Kadmos Verlag. Als Literaturübersetzer erlangte er u.a. Bekanntheit durch die Übertragungen der Romane von Oksana Sabuschko. Derzeit arbeitet er zusammen mit Maria Weissenböck an der Übersetzung des Romans Amadoka der ukrainischen Schriftstellerin Sofija Andruchowytsch.

Maria Weissenböck, geboren 1980 in Wien, studierte Angewandte Sprachwissenschaften in der Fächerkombination Russisch, Ukrainisch und Deutsch. Seitdem ist sie als Literaturübersetzerin aus dem Ukrainischen, Russischen und Belarussischen tätig. Neben diverser Übersetzungsstipendien gewann sie 2004 den Übersetzerpreis der Stadt Wien für ihre Übersetzung von Jurij Wynnytschuks Die Einhornjagd. Des weiteren übersetzt sie Lyrik und Prosa u.a. von Tanja Maljartschuk, Taras Prochasko und Ljubko Deresch. Zuletzt erschien 2021 beim Haymon Verlag ihre Übersetzung von Natalka Sniadankos Roman Der Erzherzog, der den Schwarzmarkt regierte, Matrosen liebte und mein Großvater wurde. Derzeit arbeitet sie zusammen mit Alexander Kratochvil an der Übersetzung des Romans Amadoka der ukrainischen Schriftstellerin Sofija Andruchowytsch.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Zwei Eindrücke einer Lesung Sofija Andruchowytschs stehen hier zur Verfügung: Video 1 | Video 2

Folge X – "Manchmal braucht die Literatur Sterne zwischen den Worten". Ein Gespräch zwischen Rasha Habbal, Anke Bastrop und Filip Kázmierczak

Eine Autorin, zwei Übersetzer:innen und ein Gedichtband, der "wie im Staffellauf" entstanden ist – in der zehnten Folge der Translation Talks sprechen Rasha Habbal, Anke Bastrop und Filip Kázmierczak über ihre Arbeit an dem 2021 erschienenen deutsch-arabischen Lyrikband Die letzte Frau. Translation scheint dabei immer auch eine doppelte Anwaltschaft zu bedeuten – einerseits für die Autorin andererseits für die Leser:innenschaft –, wobei die Konstellation als Trio spezifische Fragen in Bezug auf das Verhältnis von Nachdichtung und Übersetzung aufwirft. Neben diesem Navigieren zwischen Original, Interlinearübersetzung und Nachdichtung war ihre Arbeit aber auch von einem kritischen Hinterfragen bestimmter Konventionen in der deutschsprachigen Gegenwartslyrik geprägt, wie die Drei im Gespräch herausstellen. Entstanden ist also ein Gedichtband, der nicht nur mit anti-konkreten Gewohnheiten der zeitgenössischen deutsch-sprachigen Lyrik
bricht, sondern auch einen freieren Dialog zwischen Original und Übersetzung eröffnet. Einen Dialog, der sich nicht scheut, auch von fermentierten Herzen und Herzblut, das Feuer löscht, zu sprechen.

Wir danken dem Verlagshaus Berlin für die freundliche Genehmigung zum Abdruck des Texts.

Übersetzen im Gespräch | Folge X

Rasha Habbal, geboren 1982 in Hama, Syrien, ist Lyrikerin und Prosaautorin und lebt seit 2015 mit ihrer Familie in Trier. Neben einem Prosa- und einem Lyrikband auf Arabisch veröffentlichte sie Gedichte auf Deutsch in verschiedenen Zeitschriften und Anthologien. 2018 erhielt sie als erste Autorin das Stipendium Torschreiber*in am Pariser Platz für Schriftsteller:innen im Exil. Ihr deutsch-arabischer Gedichtband Die letzte Frau erschien 2021 beim Verlagshaus Berlin.

Anke Bastrop, geboren 1982 in Halle/Saale, studierte nach einer Ausbildung im Buchhandel Germanistik und Journalistik sowie am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. 2013 erschien ihr erster Gedichtband Pyrit beim Verlagshaus Berlin. Sie ist Mitherausgeberin der Anthologien Tippgemeinschaft und Kein Hügel für die wilden Pferde sowie des Hefts Angela Krauß, das bei Text + Kritik erschien. Sie war Finalistin für den Literaturpreis Mecklenburg-Vorpommern 2020 und lebt heute mit ihrer Familie in der Nähe von Schwerin.

Filip Kázmierczak, geboren 1991 in Stettin, Polen, hat Islamwissenschaften sowie Arabisch-Englische Translationswissenschaft studiert und arbeitet heute als Übersetzer und Dolmetscher für Arabisch, Polnisch, Englisch und Deutsch. Er übersetzt vor allem Lyrik und literarische Prosa aus dem Arabischen ins Polnische und Deutsche. Darüber hinaus veranstaltet der in Berlin lebende Übersetzer Literaturabende sowie Begegnungsformate zwischen Autor:innen und Leser:innen.

Der komplette Gedichtband kann hier https://verlagshaus-berlin.de/programm/die-letzte-frau/ sowie im Buchhandel erworben werden.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge IX – Nur die Gedanken und Haltung des Dichters übertragen? Ein Gespräch zwischen Sophie König und Tom Kuhn zur Übersetzung der Gedichte Bertolt Brechts

In Folge IX der Translation Talks sprechen Sophie König und Tom Kuhn anhand einer Auswahl an im Exil verfassten Brecht-Gedichten über konkrete Herausforderungen des Lyrikübersetzens. Nah an den Texten bleibend, führen sie an die Praxis des Übersetzens heran und zeigen Möglichkeiten auf, wie man mit der Unmöglichkeit des Übersetzens, wie es bereits Walter Benjamin theoretisch fasste, umgehen kann. Obwohl sich wohl jede Übersetzung mit dem Paradox der Unmöglichkeit konfrontiert sieht, ist dies für Lyrikübersetzungen von besonderer Bedeutung, spielt hier doch neben der Übertragung der Bedeutung des Textes vor allem die klangliche Dimension entlang von Rhythmik, Metrik und Reimstruktur eine zentrale Rolle. Man kann also „nicht nur die Oberfläche übersetzen“, sondern muss „beim Übersetzen manchmal die Augen zumachen, alles, was man als Wissenschaftler gelernt hat, vergessen und sich der blinden Praxis überlassen“. Auf der Suche nach der „Brecht-Stimme im Englischen“ haben für Tom Kuhn also nicht nur Archive, sondern auch Kaffeehäuser eine wichtige Rolle gespielt. Denn als kreative Arbeit, so zieht es sich durch das Gespräch, scheint die Praxis der (Lyrik)Übersetzung immer auch eine Frage der Haltung zu sein, die manchmal nicht nur von der Vertiefung in den Text, sondern auch davon lebt, „vom Blatt aufzuschauen und etwas von der Welt in sich aufzunehmen“.

Wir danken dem Suhrkamp Verlag sowie Tom Kuhn & David Constantine für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der Texte.

Übersetzen im Gespräch | Folge IX

Sophie König studierte Germanistik, Politikwissenschaften und Europäische Literaturen in Berlin und Oxford. 2020 promovierte sie an der Universität Hamburg mit einer Arbeit zum literarischen Triptychon und ist seitdem als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität tätig. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören u.a. Material und Materialästhetik, das Drama und Theater der Weimarer Republik sowie Literatur und visuelle Kultur.

Tom Kuhn, geb. 1957, ist Professor für neuere deutsche Literatur und Fellow am St. Hughs College der Oxford University. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Exilliteratur und Literatur seit 1945 sowie Dramen- und Theatertheorie mit einem spezifischen Fokus auf Berthold Brechts Werk. Von 2013 bis 2019 leitete er das internationale Forschungs- und Übersetzungsprojekt Writing Brecht, das zum Ziel hatte, den Korpus von Brechts Werken auf Englisch zu erweitern. In diesem Rahmen entstand auch die 2019 erschienene Gedichtsammlung The Collected Poems of Bertold Brecht, die er zusammen mit David Constantine ins Englische übersetzte und herausgab.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge VIII – Kleine Sprachen, kleine Verlage. Ein Gespräch von Timo Sestu mit dem rumänischen Schriftsteller Flavius Ardelean und der Verlegerin Laura Jacobi

Im Zentrum der achten Folge steht die Frage nach der Literaturübersetzung sog. ‚kleiner‘ oder peripherer Sprachen und ihrer Rezeption in dominanten bzw. zentralen Sprachräumen. Trotz einer vielfältigen und diversen Gesellschaft bildet der deutsche Buchmarkt die Vielfalt an Sprachen der hier lebenden Menschen kaum ab, da dominante Sprachen wie Englisch oder Französisch stets den Hauptanteil der jährlichen Neuerscheinungen ausmachen. Vor diesem Hintergrund widmen sich Laura Jacobi und das Team vom Homunculus Verlag mit der Reihe lit*europe dezidiert ‚kleinen‘ europäischen Sprachen wie dem Rumänischen oder dem Estnischen.

Moderiert von Timo Sestu sprechen sie und der rumänische Autor Flavius Ardelean über die besondere Bedeutung, die Übersetzenden als Kulturvermittler:innen – insbesondere bei Literatur in ‚kleinen‘ Sprachen – zukommt. In einem Gespräch über die Frage nach der Sprache von ‚relevanter‘ Literatur und der „Seele von Geschichten“ im Kontext von Original und Übersetzung stellen die Drei Überlegungen an, wie auch die Kultur(en) ‚kleiner‘ Sprachen im wahrsten Sinne des Wortes lesbar gemacht werden können und welche Rolle kleine Verlage dabei spielen

Wir danken Flavius Ardelean und dem Homunculus Verlag für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der Texte.

Übersetzen im Gespräch | Folge VIII

Flavius Ardelean, geboren 1985 in Brașov, ist ein rumänischer Autor und Übersetzer aus dem Deutschen und Englischen. Für seine Romane wurde erhielt er zweimal den rumänischen Colin Award für fantastische Literatur. Darüber hinaus wurde er für das beste Europäische Debüt beim Festival du Premier Roman in Chambery, Frankreich, sowie zweimal als bester Nachwuchsautor bei der Young Writers Gala in Bukarest nominiert. Seine beim Homunculus Verlag erschienenen Heiligen-Romane sind die ersten Werke des Autors, die ins Deutsche übersetzt wurden.

Laura Jacobi ist Mitgründerin und Verlegerin des homunculus verlag mit Sitz in Erlangen. Dort studierte sie Buchwissenschaft, Germanistik und Literaturstudien mit dem Schwerpunkt Intermedialität und Interkulturalität.

Timo Sestu ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im DFG-Projekt "Artefakte der Avantgarden 1885-2015" an der Freien Universität Berlin. Schwerpunktmäßig beschäftigt er sich mit Fragen der Materialität von Schrift und Schreiben, dem Zusammenspiel von Literatur mit anderen Künsten und Wissensordnungen sowie mit literarischen Verhandlungen von Flucht & Migration und den gesellschaftlichen Folgefragen. Er kuratiert und moderiert regelmäßig kulturelle Veranstaltungen, etwa Lesungen oder Konzerte, und ist auch selbst als Theatermacher aktiv.

Flavius Ardelean: Der Heilige zwischen den Welten. Roman. Erlangen: Homunculus 2021.

Flavius Ardelean: Der Heilige mit der roten Schnur. Roman. Erlangen: Homunculus 2020.

Flavius Ardelean: Scârba sfântului cu sfoară roșie. Bukarest: Herg Benet 2015.

Flavius Ardelean: Bășica Lumii și a ne’Lumii. Bukarest: Herg Benet 2017.

Gilles Deleuze & Félix Guattari: Kafka. Für eine kleine Literatur. Aus dem Französischen von Burkhardt Kroeber. Frankfurt am Main: Suhrkamp 2019 [1976].

Norbert Bachleitner & Michaela Wolf: Auf dem Weg zu einer Soziologie der literarischen Übersetzung im deutschsprachigen Raum. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 29/2 (2004), S. 1–25.

https://homunculus-verlag.de/

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge VII - Translation Talk meets Translationale. Impressionen der Podiumsdiskussion 'Übersetzen als Setzen. Medialitäten des Übersetzens'

Die siebte Folge der Translation Talks gibt Einblick in das Übersetzen als medialen Akt. Spielen Schrifttypen beim Übersetzen eine Rolle? Werden Druckformate ebenfalls übersetzt? Gehören Illustrationen mit zum Übersetzungsgeschäft? Was passiert bei Texten, deren Schriftsysteme Gegenstand von Sprachspielen sind? Und sind Künstlerbücher mit ihrer engen Verflechtung von Gehalt und Gestalt unübersetzbar?

Die Folge diskutiert diese Fragen an zwei konkreten Übersetzungs- und Editionsprojekten: dem collageartigen Buchobjekt Lake on a Hot Day (ca. 1974) des Moskauer Underground-Künstlers Pavel Ulitin sowie Vasilij Kamenskijs futuristischem Band von Eisenbetonpoemen Tango mit Kühen (1914).

Die am 1. Oktober 2021 auf dem Festival für Literaturübersetzung Translationale Berlin geführte Diskussion wurde für die Translation Talks gekürzt und bebildert.

Wir danken der Translationale Berlin sowie den Podiumsgästen für die freundliche Genehmigung zur Verwendung der Aufnahme sowie des Bildmaterials.

Übersetzen im Gespräch | Folge VII

Bei dieser Folge handelt es sich um einen gekürzten Mitschnitt der Podiumsdiskussion Übersetzen als Setzen. Medialitäten des Übersetzens, die am 1.10.2021 im Rahmen der Translationale Berlin. Festival für Literaturübersetzung stattgefunden hat.

Wir danken der Translationale für die freundliche Bereitstellung des Mitschnitts.

Moderiert wurde das Gespräch von Prof. Dr. Susanne Strätling. Podiumsgäste waren die Übersetzer:innen Eugene Ostashevsky und Maru Mushtrieva sowie Anton Stuckardt und Maximilian Gilleßen vom zero sharp Verlag Berlin.

https://www.translationale-berlin.net/programm/#mitwirkende

Im Rahmen seiner englischen Übersetzung von Wassili Kamenskis Tango mit Kühen bereitet Eugene Ostashevsky derzeit zusammen mit Daniel Mellis und dem Verlag Editions b42 ein Kunstbuch mit Kommentar und Faksimiles weiterer Materialien des russischen Futurismus vor.

Die von Maru Mushtrieva herausgegebene englische Übersetzung von Pavel Ulitins Lake on a hot day befindet sich ebenfalls in Vorbereitung und wird im Verlag zero sharp erscheinen.

http://www.zerosharp.org/Bucher

Wir danken den beiden Übersetzer:innen für die freundliche Genehmigung zur Verwendung des Bildmaterials.

Folge VI - Verstellte Wörter und ihre Übersetzung. Ein Gespräch zwischen Uljana Wolf und Mona Körte über Ilse Aichinger

Im Zentrum der sechsten Folge der Translation Talks steht Ilse Aichingers Prosagedicht Dover, das 1976 erstmals im Band Schlechte Wörter erschienen ist. Doch Mona Körte und die Lyrikerin Uljana Wolf, die den Text zusammen mit Christian Hawkey ins Englische übersetzte, sprechen nicht nur über Aichingers kantige Sprache, ihre Wortwörtlichkeit oder über die Schwierigkeit, beim Übersetzen mit der Abwesenheit von Zusammenhängen umzugehen, sodass die Mitübersetzung des Scheiterns in diesem Kontext zur Kondition wird. In einer tastenden Bewegung gehen die beiden vielmehr dem Potential einer "schwächeren Architektur der Texte" nach und loten einen Übersetzungsbegriff aus, der nicht auf Übereinstimmung oder positiver Bezugnahme basiert, sondern stets auch das Verlorengehen in sich trägt. Dieses ist auch bei Aichinger ein zentrales Motiv, das sich nicht zuletzt mit Bezug auf die Shoah durch ihr gesamtes Werk zieht. Daran anschließend lässt sich Übersetzen auch als Untergehen der Sprache denken. So spricht Uljana Wolf unter anderem über die Ausstellung Die Hochsee der Ilse Aichinger im Literarischen Colloquium Berlin (LCB), die sie gemeinsam mit Marie Luise Knott kuratiert und die am 29. Oktober eröffnet wird. Die Ausstellung kreist um das Motiv des Meeres und des Verschwindens in Ilse Aichingers Werk und die Dynamik zwischen Untergehen und Rettung im Wort, das in seiner spezifischen Buchstabenkombination auch als Insel fungieren kann, als rettender Weg, um Bezüge herzustellen in der "tödlichen Vielfalt der Möglichkeiten", welche die Sprache ist. Durch diesen "Sprachstrudel" der Texte, in dem sich "jeder Satz aus dem Sagen und Tun des Vorhergehenden entwickelt", führen Mona Körte und Uljana Wolf bis in Aichingers "Innenraum der Sprache" hinein und werfen die Frage auf, ob der Innenraum nicht immer auch das Offene der Sprache ist.

Wir danken dem Verlag Seagull Books für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der englischen Übersetzung von Uljana Wolf und Christian Hawkey.

Übersetzen im Gespräch | Folge VI

Prof. Dr. Mona Körte studierte Germanistik, Psychologie und Soziologie in Frankfurt a.M. und Berlin, bevor sie 1998 am Institut für Literaturwissenschaft der TU Berlin promovierte. Auf ihre Tätigkeit als wissenschaftliche Assistentin am Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin folgten eine Habilitation in Deutscher Philologie und Allgemeiner und Vergleichender Literaturwissenschaft sowie Gastprofessuren an der Universität Graz, in Konstanz und an der University of Virginia, Charlottesville/USA. Neben ihrer wissenschaftlichen Arbeit übersetzte sie außerdem Texte von Überlebenden aus dem Englischen, darunter Renata Yesner und Robert Goldmann. Nachdem sie von 2016 bis 2018 die Leitung des Forschungsbereichs Weltliteratur am Zentrum für Literatur- und Kulturforschung Berlin (ZfL) innehatte, ist sie heute Professorin für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft an der Universität Bielefeld. Als solche lehrt und forscht sie u.a. zu deutsch/europäisch-jüdischer Literatur- und Kulturgeschichte, Theoriebildung im Exil, Mehrsprachigkeit und Übersetzung sowie zu Retropoetik in Literatur und Film. Derzeit bereitet sie eine Monografie zur Poetologie der Person vor.

Uljana Wolf, geb. 1979 in Berlin, ist Lyrikerin, Übersetzerin und Essayistin. Nachdem sie Germanistik, Kulturwissenschaft und Anglistik in Berlin und Krakau studierte, lebt und arbeitet sie heute in Berlin und New York. Am Pratt Institute in New York unterrichtet sie Deutsch als Fremdsprache und gibt Seminare in Poesie und Übersetzung. 2019/20 hatte sie die August-Wilhelm-von-Schlegel Gastprofessur für Poetik der Übersetzung an der FU Berlin inne. Ihr eigenes Schreiben, für das sie vielfach ausgezeichnet wurde – u.a. mit dem Peter-Huchel-Preis (2006), dem Erlanger Literaturpreis für Poesie als Übersetzung (2015) und dem Adalbert-von-Chamisso-Preis (2016) – ist stark beeinflusst von ihrer Arbeit als Übersetzerin, wie auch in ihrem in dieser Folge gelesenen Gedicht L aus dem band falsche freunde (2009) deutlich wird. 2021 erschien ihr Band Etymologischer Gossip. Essays und Reden im Kookbooks Verlag.

  • Aichinger, Ilse: Dover. In: Ilse Aichinger: Schlechte Wörter. Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1976.
  • Aichinger, Ilse: Dover. In: Ilse Aichinger: Bad Words. Selected Short Prose. Übersetzt von Uljana Wolf und Christian Hawkey. London, New York, Calcutta: Seagull Books 2018. (https://www.seagullbooks.org/bad-words/)
  • Herweg, Nikola (Hg.): „Ich schreib für Dich und jedes Wort aus Liebe“. Helga und Ilse Aichinger. Briefwechsel, Wien-London 1939-1947. Wien: Edition Korrespondenzen 2021.
  • Knott, Marie Luise: Namen. In: Ilse Aichinger Wörterbuch. Hg. von Birgit Erdle und Annegret Pelz. Göttingen: Wallstein 2021.
  • Körte, Mona: Kalte Küche. In: Ilse Aichinger Wörterbuch. Hg. von Birgit Erdle und Annegret Pelz. Göttingen: Wallstein 2021.
  • Wolf, Uljana: Die Westsäulenliebhaberei der Übersetzung. In: Uljana Wolf: Etymologischer Gossip. Essays und Reden. Berlin: Kookbooks 2021.
  • Wolf, Uljana: Übersetzen. In: Ilse Aichinger Wörterbuch. Hg. von Birgit Erdle und Annegret Pelz. Wallstein 2021.

Eine Zusammenstellung von Veröffentlichungen und Veranstaltungen anlässlich Ilse Aichingers 100. Geburtstag findet sich hier: http://2021.aichingerhaus.at/

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge V - "Dichtung und Denken. Die Übersetzung von Celans 'Todtnauberg' im Kontext der Heidegger-Kontroverse"

An die vierte Folge anschließend basiert auch dieser Translation talk auf den Mitschnitten der Gespräche, die innerhalb des digitalen Workshops Celan übersetzen geführt worden sind. Im Zentrum dieser Folge stehen die englischen und französischen Übersetzungen des Gedichts Todtnauberg, welches Paul Celan nach seinem Besuch beim Philosophen Martin Heidegger im Sommer 1967 verfasste. In Todtnaubergs klanglicher und metaphorischer Vielschichtigkeit, in der Hoffnung und Grauen so nah beieinanderliegen, lässt sich u.a. der Ausdruck des Wunsches eines jüdischen, im Exil lebenden Dichters erkennen, der Denker möge Stellung zu seiner Rolle im nationalsozialistischen Regime beziehen. In diesem Kontext sind die Übersetzungen des Gedichts also immer auch – mehr oder minder implizite – Stellungnahmen in der kontrovers geführten Debatte um Heideggers Position als Kollaborateur sowie Interpretationen seines Verhältnisses zu Celan.

Dieses Spannungsverhältnis illustrierend, übersetzen Friederike Günther und Philipp Jusim Todtnauberg in eine klangliche Form und schaffen ein Hörerlebnis, in dem – wie im Gedicht selbst – Schönes und Schreckliches nah beieinanderliegen, eine vermeintliche Naturidylle immer wieder mit dem Unheimlichen und Abgründigen vermischt, überblendet und konterkariert wird. Auf den Spuren Celans blickt das Autor:innenteam „unter die Dinge, durch die Dinge hindurch“ und was in diesem auditiven Dickicht nachklingt, ist nichts weniger als die Frage nach Fremdheit und Vertrautheit im Denken, Dichten und Übersetzen.

 

Mit Zitaten von: Martin Heidegger (O-Töne), Jadwiga Kita-Huber, Christine Ivanovic, Pierre Joris, Moshe Kahn, Yoko Tawada und Dirk Weissmann.

Sprecherin der französischen Gedichte: Vera Vogel

Übersetzungen der englischen Wortbeiträge: Friederike Günther

Titelbild: Digne Meller-Marcovick, 1966

Übersetzen im Gespräch | Folge V

Konzeption, Redaktion und Schnitt:

  

Prof. Dr. Friederike Günther, geb. 1972, studierte Germanistik und Russistik in Marburg und Berlin. Nach ihrer Promotion am Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin sowie der Universität Würzburg, wo sie 2015 ihre Habilitation abschloss. Es folgten Professurvertretungen und Gasdozenturen in Tübingen,, Erlangen und Oxford. Seit 2018 vertritt sie die Professur von Peter-André Alt am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität und forscht dort u.a. zu Lyrikgeschichte, Intermedialität der Literatur und literarischer Anthropologie.

  

  

Phillip Jusim, geb. 1970 in Moskau, lebt in Berlin und arbeitet als freier Autor, Radiojournalist und staatlich anerkannter Übersetzer und Simultandolmetscher für Russisch. Auf sein Publizistikstudium an der Freien Universität Berlin folgte eine wissenschaftliche Mitarbeit am Fachbereich Literaturwissenschaften in Berlin-Dahlem. Seit 2005 ist er als freier Journalist tätig, u.a. für den WDR; SWR und Deutschlandfunk. Sein Feature Schwarzmarkt des Wissens (rbb) wurde 2007 beim Kulturradio Hörstückwettbewerb INNOVATIONEN ausgezeichnet. 2014 war er Stipendiat des Netzwerk Recherche und wurde im Jahr darauf als Wirtschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet. Seit 2016 betreibt er einen eigenen Kultur-Veranstaltungsort in Berlin-Neukölln.

Sprecher:innen:


Univ.-Prof. Dr. Christine Ivanovic, geboren 1963 in Erlangen, studierte Neuere Deutsche Literatur, Slavistik und Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg bevor sie dort 1995 im Fach Komparatistik promovierte. Es folgten Fellowships und Gastprofessuren in Japan und den USA und Österreich. Seit 2015 ist hält sie die Berta-Karlik-Professur am Insitut für Europäische und Vergleichende Sprach- und Literaturwissenschaft der Universität Wien inne. Schwerpunktmäßig forscht sie zu translationaler Literatur und west-östlichem Kulturtransfer. 2020 erschien der von ihr mitherausgegebene Sammelband Schnittstelle Japan. Kontakte – Konstruktionen – Transformationen.


Prof. Dr. Jadwiga Kita-Huber ist Übersetzerin und Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft sowie Komparatistik und Übersetzen an der Jagiellonian University in Krakau, Polen. 2003 promovierte sie zu Verdichtete[n] Sprachlandschaften. Pauls Werk als Gegenstand von Interpretation und Übersetzung. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören seitdem neben der Celan-Forschung u.a. Erzähltheorie, Exilliteratur, Translationswissenschaft sowie der Zusammenhang von Literatur und Religion. 2020 erschien der von ihr mitherausgegebene Band Leseszenen. Poetologie – Geschichte – Medialität im Winter-Verlag. Als Übersetzerin übersetzte sie u.a. Texte von Peter Bürger sowie Edmund Hussersl Briefe an Roman Ingarden ins Polnische.

  

  

Moshe Kahn, geb. 1942 in Düsseldorf, studierte nach der Flucht mit seinen Eltern in die Schweiz Altorientalistik, Philosophie und Rabbinische Theologie in Deutschland, Italien und Israel. Nach seiner Promotion in Altorientalistik arbeitete er als Regisseur in Rom, bis er sich vollständig aufs Übersetzen verlegte. Neben Autoren wie Primo Levi oder Pier Pasolini übersetzte er als erster auch Gedichte von Paul Celan ins Italienische. Seine Übersetzung des lange als „unübersetzbar“ geltenden italienischen Romans Horcynus Orca von Stefano D’Arrigo brachte ihm 2015 den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis ein. Im gleichen Jahr wurde ihm für sein Lebenswerk der Paul Celan Preis verliehen.


Pierre Joris, geb. 1946 in Straßburg, ist Autor, Herausgeber und Übersetzer. Von 1992 bis 2012 lehrte er an der SUNY-Albany und lebt bis heute in Brooklyn, New York. Seine Celan-Übersetzungen ins Amerikanische brachten ihm zahlreiche Preise ein, u.a. den PEN Poetry Translation Award 2005. Neben Celan übersetzte er auch Texte von Autoren wie Rainer Maria Rilke, Pablo Picasso oder Maurice Blanchot ins Amerikanische sowie Jack Kerouac oder Allen Ginsberg ins Französische. Des Weiteren ist er der Autor zahlreicher Gedichtbände wie Aljibar (Editions PHI, 2007) oder An American Suite (2016) sowie der Essaybände A Nomad Poetics (Wesleyan University Press, 2003) und Justifying the Margins: Essays 1990-2006 (Salt Publishing, 2009).

  

Yoko Tawada, geb. 1960 in Tokio, studierte Literaturwissenschaft in Tokio, Hamburg und Zürich. Seit 1982 lebt, schreibt und übersetzt sie in Deutschland, zunächst in Hamburg, heute in Berlin. Sie schreibt in unterschiedlichen Sprachen und Genres: Auf Deutsch und Japanisch veröffentlichte sie eine Vielzahl an Essays, Romanen, Hörbüchern und Gedichten. Ihre Arbeit brachte ihr diverse Preise ein, darunter der Adalbert-von-Chamisso-Preis 1996, der Kleist-Preis 2016 sowie der National Book Award for Translated Literature 2018. Ihr jüngster Roman Paul Celan und der chinesische Engel erschien 2020 im Konkursbuchverlag.

  

Vera Vogel, geb. 1997 in Bonn, studiert Allgemeine u. Vergleichende Literaturwissenschaft und Deutsche Philologie an der Freien Universität Berlin und verbrachte einen einjährigen Studienaufenthalt an der École Normale Supérieure in Paris. Sie ist als studentische Hilfskraft bei Prof. Dr. Cornelia Ortlieb am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie tätig und gehört in diesem Rahmen zum Übersetzerinnnenkollektiv von Stéphane Mallarmés vers de circonstance. Zu hören war sie bereits in der ersten Folge der Translation Talks.

  

Prof. Dr. Dirk Weissmann, geb. 1973, ist Professor für deutschsprachige Literatur am Centre de Recherches et d’Études Germaniques der Université Jean Jaurès in Toulouse. Neben seinen Lehrtätigkeiten ist er außerdem als Übersetzer sowie als assoziierter Forscher am Institut des Textes et Manuscrits Modernes tätig, wo er zu interkultureller und mehrsprachiger Literatur, Kulturtransfer und Übersetzungsstudien forscht. Seine neueste Monografie Les langues de Goethe, Essai sur l’imaginaire plurilingue d’un poète national soll noch in diesem Jahr beim Pariser Verlag Kimé erscheinen.


Verwendetes Audiomaterial:

Bob Rutman Ensemble: “Sonic”. Rutman‘s Steel Cello Ensemble. KLANGBAD: 2011. CD.

Bob Rutman Ensemble: „Zoon“. Rutman‘s Steel Cello Ensemble. KLANGBAD: 2011. CD.

Martin Heidegger: Was heißt denken. Aufnahme des Bayrischen Rundfunks. Auditorium-Verlag: 1952. CD.

Paul Celan: Ich hörte sagen. Gedichte und Prosa. Der Hörverlag: 2004. CD.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge IV – "Deine Sprache und mein Gedicht, ein Genicht". Paul Celan übersetzen

Die vierte Folge der Translation Talks ist Konversation und Klangexperiment zugleich. Basierend auf den Gesprächen, die im Rahmen des digitalen Workshops Celan übersetzen entstanden sind, nähert sich das Autor:innen- und Redaktionsteam aus Friederike Günther und Philipp Jusim den Herausforderungen in der Übersetzung von Paul Celans Lyrik gemeinsam mit Stimmen aus der Wissenschaft und Übersetzungspraxis. Im Zentrum steht dabei das Gedicht Weggebeizt, welches – wie so viele von Celans Gedichten – eine ganz eigene Materialität entfaltet sowie mit seiner Vielzahl an Neologismen Bild- und Klangwelten erschafft, für die es in der Übersetzung häufig keinen Ausdruck gibt. Anstelle bildlicher Übertragungen steht in vielen Celan-Übersetzungen also vielmehr das Klangerlebnis im Zentrum. Und so stellt auch diese Folge eine Klangerfahrung dar, in der sich Celans eigene Stimme collagenhaft mit denen seiner Übersetzer:innen ins Polnische, Portugiesische, Italienische, Englische, Französische, Spanische und Niederländische mischt. Was sich dabei entfaltet, ist also nicht nur ein Dialog über Fragen der (Un)Übersetzbarkeit und Transformation, sondern eine Klangcollage, die das Austesten der Grenzen der Sprache selbst auditiv erfahrbar macht.

Mit Zitaten von: Friederike Günther, Moshe Kahn, Simone Homem de Mello, Ton Naaijkens, Jadwiga Kita-Huber, Luis Miguel Isava, Clément Fradin und Yoko Tawada.

Übersetzen im Gespräch | Folge IV

Redaktion und Schnitt:

Prof. Dr. Friederike Günther, geb. 1972, studierte Germanistik und Russistik in Marburg und Berlin. Nach ihrer Promotion am Peter Szondi-Institut der Freien Universität Berlin war sie als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Technischen Universität Berlin sowie der Universität Würzburg, wo sie 2015 ihre Habilitation abschloss. Es folgten Professurvertretungen und Gasdozenturen in Tübingen, Erlangen und Oxford. Seit 2018 vertritt sie die Professur von Peter-André Alt am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie der Freien Universität und forscht dort u.a. zu Lyrikgeschichte, Intermedialität der Literatur und literarischer Anthropologie.

Phillip Jusim, geb. 1970 in Moskau, lebt in Berlin und arbeitet als freier Autor, Radiojournalist und staatlich anerkannter Übersetzer und Simultandolmetscher für Russisch. Auf sein Publizistikstudium an der Freien Universität Berlin folgte eine wissenschaftliche Mitarbeit am Peter-Szondi-Institut der Freien Universität Berlin. Seit 2005 ist er als freier Journalist tätig, u.a. für den WDR; SWR und Deutschlandfunk. Sein Feature Schwarzmarkt des Wissens (rbb) wurde 2007 beim Kulturradio Hörstückwettbewerb INNOVATIONEN ausgezeichnet. 2014 war er Stipendiat des Netzwerk Recherche und wurde im Jahr darauf als Wirtschaftsjournalist des Jahres ausgezeichnet. Seit 2016 betreibt er einen eigenen Kultur-Veranstaltungsort in Berlin-Neukölln.

Sprecher:innen

Clément Fradin ist Postdoktorand am Institut des textes et manuscrits modernes des Centre Nationale de Recherches Scientifique und der École normale supérieure. 2018 promovierte er an der Université de Nantes mit einer Arbeit zur Referenzialität in der Lyrik Paul Celans. Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit arbeitet er als Übersetzer. Als solcher hat er nicht nur Texte von Paul Celan, sondern auch die Marx-Engels-Briefe von 1975 bis 1880 übersetzt. 2020 erschien das von ihm mitherausgegebene Cahier Paul Celan beim Verlag L’Herme.


Simone Homem de Mello, geb. in São Paulo, Brasilien, ist Autorin von Lyrik und Libretti sowie Literaturübersetzerin. Zwischen 1993 und 2010 lebte sie in Berlin, wo sie Libretti sowie mehrere portugiesische Gedichtbände wie Périplos (Ateliê Editorial, 2005) oder Terminal, à Escrita (Ateliê Editorial, 2015) verfasste. Als Übersetzerin legt sie ihren Schwerpunkt auf moderne und zeitgenössische Lyrik und hat insbesondere für ihre Übersetzungen von Peter Handkes Werk Bekanntheit erlangt. Neben ihren Übersetzungstätigkeiten leitet sie heute das Studienzentrum für Literaturübersetzung im Museum Casa Guilherme de Almeida in São Paulo und forscht gleichzeitig am Referenzzentrum Horaldo de Campos im Museum Casa das Rosas.

Prof. Dr. Luis Miguel Isava, geb. 1958 in Caracas, Venezuela, studierte Theoretische Physik und zeitgenössische Lateinamerikanische Literatur an der Universidad Simón Bolívar in Caracas, bevor er 1996 in Vergleichender Literaturwissenschaft an der Emory University in Atlanta promovierte. Seit 1991 ist er Professor für Literatur an der Universidad Simón Bolívar. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören zeitgenössische Poesie, Theorie der Ästhetik und literarische Philosophie. Von 2021 bis 2022 arbeitet er als assoziierter Forscher am Lateinamerika-Institut der Freien Universität Berlin. Außerdem ist er als Übersetzer von englischen, französischen, italienischen und deutschen Texten tätig.

Prof. Dr. Jadwiga Kita-Huber ist Übersetzerin und Professorin für Neuere deutsche Literaturwissenschaft sowie Komparatistik und Übersetzen an der Jagiellonian University in Krakau, Polen. 2003 promovierte sie zu Verdichtete[n] Sprachlandschaften. Pauls Werk als Gegenstand von Interpretation und Übersetzung. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören seitdem neben der Celan-Forschung u.a. Erzähltheorie, Exilliteratur, Translationswissenschaft sowie der Zusammenhang von Literatur und Religion. 2020 erschien der von ihr mitherausgegebene Band Leseszenen. Poetologie – Geschichte – Medialität im Winter-Verlag. Als Übersetzerin übersetzte sie u.a. Texte von Peter Bürger sowie Edmund Husserls Briefe an Roman Ingarden ins Polnische.

Moshe Kahn, geb. 1942 in Düsseldorf, studierte nach der Flucht mit seinen Eltern in die Schweiz Altorientalistik, Philosophie und Rabbinische Theologie in Deutschland, Italien und Israel. Nach seiner Promotion in Altorientalistik arbeitete er als Regisseur in Rom, bis er sich vollständig aufs Übersetzen verlegte. Neben Autoren wie Primo Levi oder Pier Pasolini übersetzte er als erster auch Gedichte von Paul Celan ins Italienische. Seine Übersetzung des lange als „unübersetzbar“ geltenden italienischen Romans Horcynus Orca von Stefano D’Arrigo brachte ihm 2015 den Deutsch-Italienischen Übersetzerpreis ein. Im gleichen Jahr wurde ihm für sein Lebenswerk der Paul-Celan-Preis verliehen.


Prof. Dr. Ton Naaijkens, geb. 1953 in den Niederlanden, ist Übersetzer und Professor für Deutsche Literatur und Übersetzungsstudien an der Universität Utrecht. Neben Übersetzungsgeschichte und komparatistischer Literaturforschung gehören u.a. Literatur des 20. & 21. Jahrhunderts und zeitgenössische Lyrik zu seinen Forschungsschwerpunkten. Er ist Herausgeber der übersetzungswissenschaftlichen Zeitschrift Filter und des Literaturmagazins Terras. Ins Niederländische übersetzte er neben den Romanen von Robert Musil auch das gesammelte Werk von Paul Celan.

Yoko Tawada, geb. 1960 in Tokio, studierte Literaturwissenschaft in Tokio, Hamburg und Zürich. Seit 1982 lebt, schreibt und übersetzt sie in Deutschland, zunächst in Hamburg, heute in Berlin. Sie schreibt in unterschiedlichen Sprachen und Genres: Auf Deutsch und Japanisch veröffentlichte sie eine Vielzahl an Essays, Romanen, Hörbüchern und Gedichten. Ihre Arbeit brachte ihr diverse Preise ein, darunter der Adalbert-von-Chamisso-Preis 1996, der Kleist-Preis 2016 sowie der National Book Award for Translated Literature 2018. Ihr jüngster Roman Paul Celan und der chinesische Engel erschien 2020 im Konkursbuchverlag.


Verwendetes Audiomaterial:

Celan: "Safety Recall Notice". Halo. Exile On Mainstream Records: 2009. CD.

Celan: "Lunchbox". Halo. Exile On Mainstream Records: 2009. CD.

Paul Celan: Ich hörte sagen. Gedichte und Prosa. Der Hörverlag: 2004. CD.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge III – „Vögel unterschiedlicher Größe“. Von semantischer Elastizität und definitorischer Präzision.

In der dritten Folge spricht Lea Schneider über das Übersetzen aus dem Chinesischen. Anhand des Gedichts einförmiges leben, unförmiges gedicht/ 平淡的生活,生硬的诗 des Lyrikers Sun Wenbo 孙文波 gibt sie Einblick in die spezifischen Herausforderungen beim Übersetzen chinesischer Lyrik. Während Übersetzen in allen Sprachen und Textsorten immer auch eine Arbeit des Entscheidens ist, nimmt dieses in chinesisch-deutschen Übersetzungen einen ganz besonderen Stellenwert ein, wie Lea Schneiders kurze Einführung in den Aufbau der chinesischen Sprache zeigt. Da die Schriftzeichen außerhalb ihres jeweiligen Kontextes größtenteils keine eindeutige Bedeutung haben, sondern viel­mehr ein ganzes Feld von Bedeutungen enthalten, kann also – insbesondere in der Lyrik, in der der Kontext oft unklar oder stark kondensiert ist – eine beeindruckende Polyvalenz in der Sprache entste­hen, der die definitorische Genauigkeit des Deutschen in starkem Kontrast gegenübersteht. Inner­halb dieser semantischen Weite des Chinesischen gilt es also, die spezifische Sprache und Stimme des oder der Autor:in im Übersetzen "wiederzuerfinden". Eine Aufgabe, die nicht nur das "closeste Close Reading, das ich leisten kann" erfordert, sondern immer auch einen "politischen Akt" darstellt, wie Lea Schneider mit Blick auf ihre Position, Aufgabe und Verpflichtung als Übersetzerin erläutert.

Wir danken dem Verlagshaus Berlin, Sun Wenbo sowie Yimeng Wu für die freundliche Genehmigung zum Abdruck des deutschen und chinesischen Textes sowie zur Verwendung der Illustration.

Übersetzen im Gespräch | Folge III

Lea Schneider

Lea Schneider
Image Credit: @mueck-fotografie

Lea Schneider, geboren 1989 und aufgewachsen in Köln, ist Autorin, Literaturkritikerin und Übersetzerin. Von 2008 bis 2015 studierte sie Komparatistik, Sinologie, Kulturwissenschaften und Soziologie u.a. an der Freien Universität Berlin und der Fudan-Universität Shanghai. Sie ist Teil des Berliner Lyrikkollektivs G13, sowie stellvertretende Vorsitzende des Netzwerk freie Literaturszene Berlin. Für ihren Gedichtband Invasion rückwärts erhielt sie 2014 den Dresdner Lyrikpreis. Für CHINABOX. Neue Stimmen aus der Volksrepublik, aus dem auch das hier besprochene Gedicht von Sun Wenbo stammt, wurde sie 2018 mit dem Postpoetry.NRW-Preis und dem Poetry East West Translation Award ausgezeichnet. Zuletzt erschien im Februar 2020 ihr Gedichtband made in china beim Verlagshaus Berlin.

Zusätzlich zu ihrer Tätigkeit als Autorin und Übersetzerin promoviert Lea Schneider seit 2019 am EXC 2020 Temporal Communities und der Friedrich Schlegel Graduierten Schule zu Verletzbarkeit als Waffe. Poetiken des Sich-Selbst-Aussetzens zwischen Internetkultur, emanzipatorischer Strategie und Literaturbetrieb.

Sun Wenbos 孙文波 Gedicht 平淡的生活,生硬的诗 sowie die deutsche Übersetzung einförmiges leben, unförmiges gedicht von Lea Schneider sind 2016 in CHINABOX. Neue Stimmen aus der Volksrepublik beim Verlagshaus Berlin erschienen.

Wir danken dem Verlag, Sun Wenbo sowie Yimeng Wu für die freundliche Genehmigung zum Abdruck des deutschen und chinesischen Texts sowie zur Verwendung der Illustration.

https://verlagshaus-berlin.de/programm/chinabox/

http://studiowudesign.com/

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge II: Ufos im Text. Kunstsprachen, Slang und Sakrales. Ein Gespräch zwischen Rasha Abbas und Sandra Hetzl

Zu Beginn des zweiten Beitrags der Reihe steht eine arabisch-deutsche Lesung der Kurzgeschichte Die Regenfabrik / مصنع المطر, eine der zwei Erzählungen des Diptychons Zwei nützliche Erfahrungen, wenn man Kinder verstoßen möchte / خبرتان مفيدتان، في باب طرد الأبناء من المنزل. Daran anschließend kommen Autorin Rasha Abbas und Übersetzerin Sandra Hetzl in einer dritten Sprache, dem Englischen, miteinander ins Gespräch. In einer gemeinsamen Rückschau ihrer Arbeits- und Schreibprozesse setzen sie sich mit der Bedeutung von Mehrsprachigkeit sowie dem (ironischen) Spielen mit Übersetzungen in Abbas‘ Texten auseinander. Dabei gehen sie nicht nur der Spezifik arabisch-deutschen Übersetzens nach, sondern werfen ebenfalls Fragen der Bedeutung und Übersetzbarkeit von Kunstsprachen auf. Durchzogen von Lesungen kurzer Beispielpassagen nehmen die Beiden uns Zuhörenden also in den Orbit der „Ufos im Text“ mit und werfen dabei mit viel Witz und Feingefühl tiefgreifende Fragen der Translation auf.

– Wir danken Mohammad Diban für die Vermittlung und Organisation dieser Folge sowie den Verlagen Almutawassit Books und Mikrotext für die freundliche Genehmigung zum Abdruck der Texte –

Übersetzen im Gespräch | Folge II

Rasha Abbas, geboren 1984 im syrischen Latakia, ist Journalistin und Autorin. 2008 wurde sie mit ihrem ersten Kurzgeschichten-Band Adam hates television beim Damascus Capital of Arab Culture Festival ausgezeichnet. Seither publiziert sie Prosatexte in unterschiedlichen Zeitschriften und Magazinen. Nachdem sie im Jahr 2012 Syrien verlassen musste und zunächst nach Beirut ging, kam sie 2014 als Jean-Jacques Rousseau Stipendiatin der Akademie Schloss Solitude nach Deutschland. Während ihres Aufenthalts in Stuttgart schloss sie die Arbeit an Die Erfindung der deutschen Grammatik ab, ihrem ersten auf Deutsch erschienenen Kurzgeschichten-Band. Heute lebt und arbeitet sie in Berlin. Eine Zusammenfassung von allem, was war, aus dem die in dieser Folge besprochenen Texte stammen, wurde 2018 bei Mikrotext veröffentlicht.

Sandra Hetzl, geboren 1980 in München, studierte Visual Culture Studies an der Universität der Künste Berlin und arbeitet als Literaturübersetzerin aus dem Arabischen. In Beirut und Berlin lebend, ist sie nicht nur Gründerin des Literaturfestivals Downtown Spandau Medina, sondern auch der kollektiv betriebenen Literaturagentur 10/11. Das internationale Kollektiv, bestehend aus Übersetzer:innen, Autor:innen und Editor:innen, versteht sich gleichzeitig als Labor sowie als Sprachrohr für experimentelle Formen zeitgenössischer arabischer Literatur. Neben den Erzählungen von Rasha Abbas übersetzte Sandra Hetzl unter anderem Texte von Aboud Saeed, Assaf Alassaf und Bushra al-Maktari.

Die Erzählung Die Regenfabrik bzw. مصنع المطر, sowie alle weiteren in dieser Folge zitierten Texte stammen aus dem Erzählband Eine Zusammenfassung von allem, was war, erschienen 2018 bei Mikrotext, bzw. ملخص ما جرى, erschienen 2018 bei Almutawassit Books.

Wir danken den Verlagen für die freundliche Genehmigung zum Abdruck.

mikrotext
Rasha Abbas: Eine Zusammenfassung von allem, was war. Erzählungen

Almutawassit Books - www.almutawassit.it

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.

Folge I: Stéphane Mallarmés 'Vers de circonstance' in deutscher Übersetzung

Der erste Beitrag der Reihe stellt ein kollaboratives Übersetzungsvorhaben des DFG-Forschungsprojekts Artefakte der Avantgarden 1885-2015 vor: Die fünf Übersetzerinnen Christin Krüger, Cornelia Ortlieb, Kristin Sauer, Katherina Scholz und Vera Vogel übertragen, je für sich und gemeinsam, insgesamt 482 Gedichte Stéphane Mallarmés vom Französischen ins Deutsche. Sie präsentieren hier jeweils zwei Gedichte samt Übersetzung und sprechen je unmittelbar im Anschluss über ihre Arbeit an diesen Versen.

Übersetzen im Gespräch | Folge I

  • Kristin Sauer mit:
    Un rossignol aux bosquets miens / Die Nachtigall bei mir im Wald

    Toi qui soulages ta tripe /
    Du, der du deinen Darm verwöhnst

  • Katherina Scholz mit:
    Le Faune rêverait hymen / Der Faun erträumte Hymen

    Ami, bois ce jus de pomme / Freund, trink von diesem Apfelsaft

  • Cornelia Ortlieb mit:
    Spirituellement au fin / Voller Geist noch tief im Innern

    Palpite, Aile, mais n’arrête / Schlag, Flügel, aber ohne Halt
  • Vera Vogel mit
    A moins qu’il ne hante la nue / Wenn er nicht zur Nacktwolke eilt

    Vers brûlants et sages proses / Verse feurig, keusche Prosa
  • Christin Krüger mit:
    Leur lévrier industrieux / Ihr Windhund, alert in der Bö …

    Pierre ne va pas, zélée / Stein im Eifer sei doch nicht …

Mallarmé (1842–1898) hat als Dichter, Übersetzer und Visionär der Avantgarde-Künste ein vielgestaltiges Werk hinterlassen, das teils zumindest im deutschsprachigen Raum noch nahezu unbekannt ist. Dazu gehört die hier übersetzte Buchausgabe der Vers de circonstance/Verse unter Umständen, 1920 in Paris herausgegeben von seiner Tochter Geneviève und deren Ehemann Edmond Bonniot. Die Gedichte in meist vier Versen, mit typischerweise acht Silben waren einst auf ihrerseits ‚sprechende‘ Gegenstände geschrieben, darunter Briefumschläge, Visitenkarten, gefaltete Papierfächer, Photographien, Ostereier und Kieselsteine und sind durchgehend anderen Personen gewidmet, die typischerweise auch namentlich genannt sind. Häufig scherzhaft, galant oder freundschaftlich-neckend spielen viele Verse auf Eigenheiten, Gewohnheiten oder Verhältnisse ihrer Adressatinnen und Adressaten an. Zur Besonderheit dieser Dichtung gehört so auch ihre Verankerung in Szenen des geselligen Lebens und entsprechend ritualisierten Praktiken und Umgangsformen, die wiederum ältere poetische Traditionen zitieren und diese für die Salons, den Künstlerfreundeskreis Mallarmés und den literarischen Markt in Paris, der ›Hauptstadt der Moderne‹, modifizieren.

Jede Übersetzung kann so nur ansatzweise die Fülle von Anspielungen, Bezügen und Mehrdeutigkeiten der teils mehrsprachigen Gedichte mit ihren vielen unübersetzbaren Eigennamen erhellen: Auch diese vermeintlich beiläufig geschriebenen Verse müssen eigentlich jeweils als Schrift- und Klanggebilde gelesen werden, damit das virtuose Spiel mit Buchstaben und Lauten annähernd erfasst werden kann. Das beschriebene und beschriftete Objekt verlangt zudem je eigene Aufmerksamkeit, zumal dort, wo die Verse auf Dingen deren spezifische Materialität benennen und selbstreflexiv kommentieren. Im gemeinsamen Versuch, das typische Silbenmaß des Vierzeilers Mallarmés und dessen charakteristische Reimstruktur nachzuahmen, zeigen sich die kollaborativ erarbeiteten deutschen Fassungen hier in mindestens fünf verschiedenen Perspektiven.

Die Übersetzungen stehen hier als PDF zum Download zur Verfügung.