Workshop | Philologie und Temporalität: Schriften klassischer Textkulturen aus transkultureller Perspektive
Organised by Anne Eusterschulte, Research Area 3: "Future Perfect", and Glenn W. Most.
Philologische Praktiken erweisen sich in Hinsicht auf Textverfassungen und Genres, so etwa 'Sammelschriften', in denen literarische oder poetische Texte, historische Berichte und Ereignisse aber auch philosophische, religiöse sowie naturwissenschaftliche Überlieferungen in verdichteter Form zusammengeführt und in Kompendien organsiert werden, in vielen frühen klassischen Textkulturen als ein zentrales Medium der Wissensvermittlung, Traditionsbildung und nicht zuletzt als Verhandlungsraum von unterschiedlichen Temporalstrukturen.
Doch erst ein transkultureller Vergleich in Rekurs auf eine Vielzahl klassischer Textkulturen und die jeweiligen Verfahren im Umgang mit autoritativen Textbeständen eröffnet die Möglichkeit, über unterschiedliche Genres und deren textuale Dispositonen, über Kriterien der Zusammenstellung, der oralen oder textualen Überlieferung, über Editionsprinzipien und deren Agenten, Institutionen, materiale Medien bis hin zu den soziohistorischen Funktionen und kulturspezifischen Verwendungskontexte genaueren Aufschluss zu gewinnen.
Welche praktischen Techniken, Akteure und konkreten Umsetzungsformen, etwa in Hinsicht auf material-ästhetische Ausprägungen und schließlich anthologischen Textmedien lassen sich differenzieren? Dies ist eine Voraussetzung, um die damit einhergehenden Überlieferungsdynamiken genauer beschreiben zu können. In ihnen manifestieren sich Gelehrtennetzwerke bzw. entsteht ein vielstimmiger, kulturübergreifender Diskursraum. Diese temporal communities weisen sowohl auf Texttraditionen einer projizierten Vergangenheit, jeweiligen Gegenwart wie einer antizipierten Zukunft. Philologische Praktiken und ihre kulturellen Kontexte wie transkulturellen Vernetzungen konstitutieren und generieren zukünftige Wissensgemeinschaften und geben zugleich Auskunft über ein temporäres Verständnis von Überlieferung, Traditionsbewahrung und Geschichtlichkeit.
Ziel der Klausurtagung ist ein intensiver Austausch zwischen Fachgelehrten aus den Gebieten der Arabistik, Iranistik, Turkologie, der Studien zu indopersischen Texttradierungen sowie der Bereiche Koptisch und Slovenisch in Hinsicht auf philologische Appropriationen von Texttradierungen und die Rolle philologischer Editions- und Übersetzungspraktiken mit Blick auf die Autorisierung und Kanonisierung von Textbeständen im transkulturellen Transfer.
Autorschaftskonzepte werden hierbei ebenso zu diskutieren sein wie temporale Netzwerkbildungen (Gelehrtengemeinschaften, antizipierte Leserschaften) und nicht zuletzt die zeitlichen Implikationen der materialen Erscheinungsformen der Medien und Genres (Konvolute, Codices, Rollen, Manuskriptsammlungen, Florilegien etc.)
Der Klausurworkshop dient der Vorbereitung eines Lexikons, das der Pluralität von antiken Kulturen Rechnung tragen wird, indem philologische Praktiken als Angelpunkt von Texttradierung und Traditionsbildung ins Zentrum rücken. Auf der Basis von indigenen Terminologien geht es um eine vergleichende Darstellung der Eigenständigkeit klassischer Kulturen.
Programm
Donnerstag, 28. November
12:30 - 16:00 Uhr
Workshopvorbereitung / Research Colloquium "Edition Practices"
Glenn W. Most, Anne Eusterschulte, MPI für Wissenschaftsgeschichte Berlin
Präsentation: Martin Endres
Diskussion unter Einbindung der auswärtigen Teilnehmer des Workshops Philologie und Temporalität
Freitag, 29. November 2019
12:30 - 16:00 Uhr
Workshopvorbereitung / Research Seminar "Edition Practices"
Glenn W. Most, Anne Eusterschulte, MPI für Wissenschaftsgeschichte Berlin
Präsentation: Sebastian Zerhoch
Diskussion unter Einbindung der auswärtigen Teilnehmer des Workshops Philologie und Temporalität
16:00 Uhr | Anne Eusterschulte und Glenn W. Most: Begrüßung und Moderation des Workshops
16:15 Uhr | Beatrice Gründler, Islam Dayeh, Isabel Toral, Jan van Ginkel: Präsentation Arabische Philologien
Response: Alberto Cantera, Yorgos Dedes, Eva Orthmann, Mehmet Ölmez
18:00 Uhr | Kaffeepause
18:15 Uhr | Alberto Cantera: Präsentation Iranische Philologien\Persisch
Response: Beatrice Gründler, Islam Dayeh, Isabel Toral, Jan van Ginkel, Yorgos Dedes, Eva Orthmann, Mehmet Ölmez, Mark Geller
19:45 Uhr | Gemeinsames Abendessen
Samstag, 30. November 2019
10:00 Uhr | Anne Eusterschulte und Glenn W. Most: Begrüßung und Moderation des Workshops
10:15 Uhr | Florentina Baldanova Geller: Präsentation Old Church Slavonic
Gemeinsame Diskussion
11:15 Uhr | Yorgos Dedes, Mehmet Ölmez: Präsentation Old Turkish/Ottoman Languages
Gemeinsame Diskussion
12:00 Uhr | Kaffeepause
12:30 Uhr | Plenar-Diskussion: Transkulturelle Dimensionen philologischer Praxis
Textbasis: Lemmata Listen der Teilnehmenden
14:00 Uhr | kurzer Lunchbreak
14:30 Uhr | Arbeit in Kleingruppen, einzelne Philologien
Präsentation von Kurzartikeln und Diskussion, Reponse-Runden, Zusammenarbeit in wechselnden
Kleingruppenkonstellationen
18:00 Uhr | Ende der Veranstaltung
Time & Location
Nov 29, 2019 - Nov 30, 2019
Philosophisches Institut
Habelschwerdter Allee 30
14195 Berlin