Organised by Susanne Klengel, project Border Temporalities and/in Literature, Research Area 1: "Competing Communities" in cooperation with the Institute of Latin American Studies at the Freie Universität Berlin. This event is part of the lecture series "Border Temporalities: Doing Literature in a World of Walls".

Speaker: Olaf Briese (Humboldt-Universität zu Berlin)

- Lecture in German -

Mauern sind steingewordene Grenzen. Sie markieren diese ebenso pragmatisch-funktional wie symbolisch. Insbesondere dieser symbolische Charakter evoziert künstlerische Reflexionen, vor allem in Malerei und Literatur. Diese Vorlesung demonstriert anhand von vier historischen Beispielen diese Verschränkung von realen Grenzmauern und literarischem Text: Das Gilgamesch-Epos (ca. 2000 v. Chr.) verklärt monumentale Mauern als grundlegende Kulturleistung der Sesshaftigkeit; Christine de Pizans Stadt der Frauen von 1405 stilisiert eher literarisch-spielerisch und frühfeministisch Mauern zum Schutz einer fiktiven weiblichen Gemeinschaft; Volker Brauns Gedicht Die Mauer von 1966 bezieht sich auf die Berliner Mauer und erhebt sie zum generellen Riss durch die Welt und zum Riss durch das eigene literarische Ich; in Franz Kafkas Text Beim Bau der Chinesischen Mauer von 1917 wird die Frage nach der Mauer zur literarischen Parabel auf die grundsätzliche Unmöglichkeit des Verstehens von Welt.

Olaf Briese studierte Philosophie an der Humboldt-Universität Berlin, wo er 1994 promoviert wurde und sich im Jahr 2002 im Fach Kulturwissenschaft habilitierte. Er arbeitete als wissenschaftlicher Mitarbeiter und als Vertretungsprofessor am Institut für Religionswissenschaft der Freien Universität Berlin und nahm an der Humboldt-Universität Vertretungsprofessuren im Bereich der Ästhetik und der Kulturwissenschaft wahr. Seine derzeitigen Forschungsschwerpunkte sind die Kultur und Literatur des Vormärz und der Frühanarchismus in Deutschland. Olaf Briese ist Verfasser u.a. von Die Macht der Metaphern. Blitz, Erdbeben und Kometen im Gefüge der Aufklärung (1998) und von Konkurrenzen. Zur philosophischen Kultur in Deutschland 1830–1850 (1998). Im Jahre 2003 veröffentlichte er die vierbändige kulturwissenschaftliche Studie über Angst in Zeiten der Cholera. 2011 erschien das Buch Steinzeit. Mauern in Berlin, im Jahre 2018 die Studie Für des Staates Sicherheit. Das Löschwesen im 19. Jahrhundert und die Gründung der ersten Berufsfeuerwehr Deutschlands in Berlin 1851 (2018). Olaf Briese lehrt im Bereich der Kulturwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin.