Call for Papers | Gatekeeping, Buchmarkt und Publikum
Internationale Tagung 26. – 27. Juni 2025
Deadline: 31. Dezember 2024News from Oct 24, 2024
Organisiert von Melina Brüggemann, Florian Fuchs, Michael Gamper, Jutta Müller-Tamm, Cornelia Ortlieb und Susanne Strätling, Projekt Obscured, Unrecognized, Forgotten. Negative Circulation in Literature (2024-), Research Area 4: "Literary Currencies"
Was auf dem Buchmarkt – und in der Folge in Wohnzimmern, Seminarräumen und Bibliotheken – zirkuliert, was in Buchläden und auf Messen verkauft, in Salons und Literaturhäusern verhandelt, in Verkaufsstatistiken erfasst oder gar für Literaturpreise nominiert wurde und wird, das hat nach einer langen Reihe von Prüfungen das Gütesiegel der Imprimatur erhalten: Es durfte verlegt und gedruckt werden.
Was aber macht diese Prüfungen aus? Wie laufen sie ab? Was wird geprüft? Nach welchen Kriterien wird geprüft? Wer darf prüfen? Was streicht der Lektor an? Was die Verlagsgutachterin? Was der Zensor? Inwieweit verändert sich der Inhalt im Lauf dieser Prüfungen? Und was passiert schließlich mit den Texten, die aussortiert werden, die die Prüfung nicht bestehen und die Druckfreigabe nicht erhalten?
Die Tagung wendet sich den Mechanismen zu, die seit dem 18. Jahrhundert bis in die Gegenwart für die Leser:innen grundsätzlich unsichtbar geblieben sind, weil sie vor der Schwelle der Drucklegung stattfanden. Sie untersucht die Institutionen und Praktiken, in und mit denen Texte auf ihre Veröffentlichung hin bewertet und entweder weiterprozessiert oder aber aus der literarischen Wertschöpfungskette ausgeschieden oder gar nie in sie hineingenommen wurden. Gefragt wird, welche Bedingungen und Faktoren Meinungsbildung und Entscheidungsfindung bestimmen. Dabei kommen ganz unterschiedliche Akteur:innen und Strukturen des literarischen Gatekeeping in den Blick: von Kompilator:innen, Redakteur:innen und Verleger:innen über literarische Influencer:innen und Literaturagent:innen bis hin zu religiösen und politischen, staatlichen und nicht-staatlichen Zensurbehörden. Es werden aber auch die unterschiedlichen Logiken des Selektierens beleuchtet, in denen das ökonomische Kalkül der Verkaufbarkeit mit anderen Wertmaßstäben austariert werden muss.
Zentrales Erkenntnisinteresse der Tagung ist es, durch eine Untersuchung der vielfältigen Begutachtungs- und Gatekeeping-Prozesse im Buchmarkt seit der Moderne jene Segmente des Literaturmarkts in den Fokus der Aufmerksamkeit zu rücken, welche in den diversen Selektionsstufen aussortiert werden und deshalb jenseits des öffentlichen Lesehorizonts und letztlich im Status einer bloß potentiellen Literatur verbleiben.
Im Rahmen der Tagung ist auch ein Panel mit Vertreter:innen von Verlagshäusern und Literaturagenturen geplant, das die Logiken des literarischen Buchmarkts und die Praktiken des Textprüfens thematisiert.
Beitragsvorschläge in Form eines Abstracts von ca. 300 Wörtern plus kurzer biografischer Notiz können bis zum 31.12.2024 per Mail eingereicht werden an:
Jacquelin Strobel, j.strobel@fu-berlin.de und Melina Brüggemann, melina.brueggemann@fu-berlin.de